Anlagegüter, Büromöbel, Firmenfahrzeuge, IT-Hardware, Software oder gar Flugzeuge: Heutzutage gibt es kaum noch Wirtschaftsgüter, die nicht direkt vom Hersteller oder über spezialisierte Anbieter gemietet bzw. „geleast“ werden können. Für den nachfolgenden Artikel werde ich den Begriff „Miete“ auch stellvertretend für „operatives Leasing“ nutzen.
Wer sich dem Thema über eine Online-Recherche nähert, gewinnt zunächst den Eindruck, dass die Miete gegenüber dem Kauf in sämtlichen Belangen überlegen ist. Oft genannte Vorteile sind
- eine höhere Liquidität durch geringe laufende Belastungen anstelle großer Einmalzahlungen,
- große Flexibilität durch individuelle Vertragsgestaltung und leichten Kapazitätsauf- bzw. -abbau,
- höhere Modernität der Ausstattung,
- Bilanzneutralität der Anschaffung und damit Potenzial zur Kennzahlenoptimierung sowie
- eine reduzierte Steuerlast durch direkte Aufwandserfassung der Mietaufwendungen
Trotz der scheinbaren Vorteile empfehle ich an einigen Stellen dennoch eher den Kauf als die Miete. Die Hintergründe hierfür werde ich in den nächsten Absätzen erläutern und einige Faustregeln für die Entscheidung „Mieten vs. Kaufen“ an die Hand geben.
Einfluss auf den Unternehmenswert
Ein wichtiges Ziel der täglichen Arbeit von GründerInnen und GeschäftführerInnen ist die Wertsteigerung ihrer Unternehmung. In Abhängigkeit vom Investorenumfeld hängt die Bewertung dabei an verschiedenen Kennzahlen. Aus Private Equity-Sicht ist vor allem die operative Ertragskraft relevant. Diese wird in aller Regel am nachhaltig erwirtschaftbaren EBITDA („Earnings before interest, taxes, depreciation and amortization“) also dem operativen Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen festgemacht. In der Praxis erfolgt die Ermittlung des Unternehmenswerts auf Basis des eben genannten EBITDA multipliziert mit einem branchenabhängigen Faktor, der auf die spezifische Unternehmenssituation (Marktstellung, Zukunftsfähigkeit des Angebots etc.) kalibriert wird.
Der Vorteil eines Kaufs gegenüber dem Mieten entsteht an dieser Stelle durch den Ausweis der daraus entstehenden Kosten und dem resultierenden EBITDA-Effekt. Wer nach HGB bilanziert, hat Mietkosten bzw. Leasinggebühren in den sonstigen betrieblichen Aufwendungen („Other OPEX“) auszuweisen, die Teil des EBITDAs sind. Bei einem Kauf hingegen wird das erworbene Wirtschaftsgut aktiviert und die Kosten über Abschreibungen auf die Nutzungsdauer verteilt. Die entstandenen Kosten wandern damit „unter den Strich“. Dadurch kann das EBITDA und dementsprechend der Unternehmenswert gesteigert werden.
Man merke sich also: Wer nach HGB bilanziert und in einem Umfeld agiert, in dem EBITDA ein Unternehmenswerttreiber ist, für den ist der Kauf in aller Regel die bessere Alternative.
Einfluss auf die Liquidität
Natürlich gibt es auch Situationen, in denen das EBITDA nicht im Vordergrund steht.
Bei einem mit Venture Capital finanzierten Start-up kommt es beispielsweise oft auf andere Kennzahlen für die Bewertung an. Hier stehen Faktoren wie das Umsatzwachstum und das Verhältnis von Kundenwert (Customer Lifetime Value) zu Kundenakquisitionskosten (Customer Acquisition Cost) im Vordergrund. Gleichzeitig soll möglichst lange mit der verfügbaren Finanzierung gearbeitet, also die sogenannte Cash Burn Rate („Geldverbrennungsrate“) reduziert werden. Für diese Unternehmen ist es oft sinnvoll, auf hohe Einmalzahlungen für Anschaffungen zu verzichten und eher zu mieten als zu kaufen.
Gleiches gilt für Unternehmen, die eine hohe Schuldenlast schultern müssen und/oder eine geringe Cash Conversion ausweisen. Wer regelmäßig gegenüber der Kundschaft in Vorleistung geht, muss sich natürlich in anderer Form mit Liquidität beschäftigen als ein Softwareunternehmen, dessen Leistung 12 Monate im Voraus zu bezahlen ist. Aus eigener Erfahrung laufen gerade kleinere Unternehmen mit einigen wenigen Großkunden, die oft lange Zahlungsziele haben, Gefahr, sich durch eine Überoptimierung des operativen Ergebnisses an den Rand der Insolvenz zu treiben.
Wer dennoch nicht auf die Wertsteigerungspotenziale durch Kauf statt Miete verzichten will, sollte die Möglichkeit eines sogenannten „verdeckten Ratenkaufs“ in Betracht ziehen. Hierbei handelt es sich um eine Variante des Mietkaufs („unechter Mietkauf“), bei der die gekauften Objekte der finanzierenden Partei als Sicherheit dienen und das wirtschaftliche Eigentum bereits zum Vertragsstart an den Käufer übergeht. Damit sind die Wirtschaftsgüter beim Käufer/ bei der Käuferin zu bilanzieren und normal über die geplante Nutzungsdauer abzuschreiben.
Der wesentliche Nachteil des verdeckten Ratenkaufs liegt darin, dass es sich de facto um einen Kauf auf Kredit handelt. Dementsprechend ergeben sich hieraus Zinskosten und eine höhere Verschuldung. Gerade bei existierenden Kreditbeziehungen muss daher darauf geachtet werden, ob dieses Konstrukt vertraglich überhaupt gestattet ist, da viele Kreditverträge die Aufnahme weiterer Schulden einschränken.
Man merke sich also: Unternehmen, die oft in Vorleistung gehen, eine hohe Verschuldung haben oder den Cash Burn reduzieren wollen, sollten sich eher mit dem Thema Mieten beschäftigen. Sofern möglich und sinnvoll kann auch ein verdeckter Ratenkauf angestrebt werden.
Einfluss auf die Flexibilität
Der vielleicht größte Nachteil des Kaufs gegenüber der Miete ist die langfristige Bindung an das Kaufobjekt. Im Gegensatz zu flexiblen Mietverträgen kann das Wirtschaftsgut nämlich nicht einfach kostenfrei bzw. kostengünstig abgestoßen oder ersetzt werden. Dies kann besonders bei schnell wachsenden oder starken Nachfrageschwankungen unterliegenden Unternehmen zum Problem werden. Wer wegen starken Wachstums regelmäßig größere Büros anmieten muss, sollte lieber höhere Mieten in Kauf nehmen als in Mietereinbauten zu investieren, um Miete zu sparen. Diese müssen nämlich beim Umzug zurückgebaut werden und sind im neuen Büro gegebenenfalls nicht einsetzbar.
Gleiches gilt bspw. bei starken saisonalen oder eventbasierten Effekten. So ergibt es bspw. beim Online-Gaming wenig Sinn, Nachfragespitzen durch den Zukauf von Servern zu bedienen. Hier ist aus meiner Sicht eine Mischung aus erworbenem Grundstock und nach Bedarf hinzugemieteten Kapazitäten die sinnvollere Alternative.
Man merke sich also: Wer regelmäßige und gut planbare Auslastung ohne starke Schwankungen hat, sollte eher einen Kauf in Betracht ziehen. Wer aufgrund starken Wachstums oder hohen Nachfrageschwankungen mit starken Spitzen hohe Flexibilität braucht, sollte eher mieten.
Einfluss auf die Steuerlast
Zum Abschluss soll noch kurz auf das Thema Steuern eingegangen werden, da dies oft als wichtiger Vorteil der Miete bei Leasingangeboten hervorgehoben wird.
Kurz gesagt ergeben sich in aller Regel aufgrund verschiedener Gesetzesanpassungen in den letzten Jahren keine Steuervorteile aus der Miete mehr. Zwar ist es richtig, dass Mietaufwendungen sofort steuerlich abziehbaren Betriebsaufwand darstellen. Das gilt jedoch ebenso für Abschreibungen auf erworbene Wirtschaftsgüter. Hier kann sich also lediglich ein Fristenvorteil ergeben, wenn die steuerliche Nutzungsdauer der Wirtschaftsgüter vom Gesetzgeber unverhältnismäßig lang angesetzt wird. Dies stellt in einem Niedrigzinsumfeld allerdings keinen echten ökonomischen Vorteil dar. Darüber hinaus hat das BMF mit Schreiben vom 26.02.2021 für die gerne geleaste IT-Ausstattung künftig eine Abschreibedauer von einem Jahr festgelegt, sodass sich hier aus steuerlicher Sicht sogar ein Fristenvorteil ergibt.
Weiterhin wird oft vergessen, dass nach §8 Nr. 1 GewStG Teile der Miet- bzw. Leasingkosten dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder hinzugerechnet werden müssen. Für KMU fällt dies aufgrund des Freibetrags von 200.000€ Hinzurechnung oft nicht ins Gewicht. Für große Unternehmen kann sich hieraus aber gegebenenfalls sogar ein steuerlicher Nachteil ergeben.
Man merke sich also: Wer seine Steuerlast möglichst geringhalten möchte, dem empfehle ich mittlerweile eher den Kauf als die Miete.
Fazit
Kurz zusammengefasst lässt sich also Folgendes festhalten: Die Entscheidung für Miete oder Kauf hängt von der jeweiligen Unternehmenssituation und den verfolgten Zielen ab.
Wer sein EBITDA optimieren möchte, ist mit einem Kauf besser beraten. Wer eher auf Liquiditätsoptimierung aus ist, sollte eher mieten bzw. – wenn möglich – einen Ratenkauf anstreben. Wer maximale Flexibilität wünscht oder braucht, für den ist die Miete die bessere Wahl. Aus steuerlicher Sicht hat die Entscheidung für die meisten UnternehmerInnen keine signifikanten Konsequenzen.