Wie Tech-Unternehmen zur Preisstabilität beitragen

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Die magische Zahl heißt 2 Prozent. Diesen Richtwert der Teuerungsrate strebt die EZB an, um die Preisstabilität in der Eurozone zu gewährleisten. Dabei ist fraglich, ob die Kennziffer noch realistisch und sinnvoll ist. Denn sie macht ihre Rechnung ohne die Digitalisierung. 

Die Inflation hält sich in Deutschland seit fast zehn Jahren konstant unter der Zwei-Prozent-Marke, teilweise sogar unter 1 Prozent. Zuletzt befürchtete die Deutsche Bundesbank allerdings, dass die Inflation zumindest vorübergehend auf bis zu 4 Prozent steigen könnte. Andere sehen sogar eine neue Finanzkrise am Horizont aufziehen. 

Vorübergehende Preissteigerungen erscheinen plausibel

Dass die Preise im Vergleich zum Vorjahr 2021 steigen, hat viele Gründe und viele stehen in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Sie hat die Nachfrage für diverse Produkte einbrechen lassen und damit niedrige Preise begünstigt, jetzt steigen die Preise aufgrund von Lieferengpässen und verteuerten Rohstoffen. Dass Regierungen Schulden aufnehmen und Zentralbanken Geld in den Markt pumpen, um die Wirtschaft zu stützen, tut ihr Übriges.  

Ob es zu einer längeren Periode steigender Preise kommt, hat jedoch wesentlich mit der Bedeutung von Technologie in Zukunft zu tun. Schließlich hat Technologie deflatorische Wirkung. 

Technologisierung senkt die Nachfrage 

Woher kommt die Behauptung, dass Technologie deflationär wirkt? Vor allem zwei Gründe sorgen für diesen Effekt. Der eine ist nachfragebedingt, der andere angebotsbedingt. 

Mit der fortschreitenden Technologisierung der Gesellschaft sinkt der Bedarf an Arbeitskräften. Viele Produktionsschritte können von Robotern übernommen werden. In Dienstleistungsbranchen ersetzen Apps und Self-Service-Anwendungen den persönlichen MitarbeiterInnenkontakt oder sogar ganz die Beauftragung eines oder einer ExpertIn. 

Da Unternehmen weniger Arbeitskräfte benötigen, fallen Jobs weg. Das Überangebot an Arbeitswilligen senkt die Löhne und die dadurch gesamtgesellschaftlich verminderte Kaufkraft führt zu einer niedrigeren Nachfrage, was signifikante Preissteigerungen unattraktiv macht. 

Skalierbarkeit sorgt für potenzielles Überangebot 

Gleichzeitig ermöglicht die Technologisierung Unternehmen, ihr Angebot in einem viel schnelleren Tempo zu skalieren. Eine Folge: Nachfrage und damit Preisschwankungen fallen gemäßigter aus. 

Steigt die Nachfrage, wie zum Beispiel nach Ausbruch der Corona-Pandemie nach Videokonferenz-Anwendungen, können die AnbieterInnen innerhalb kurzer Zeit so viel Kapazitäten zur Verfügung stellen, dass sie auch ein explosionsartiges Wachstum ihrer KundInnenzahl problemlos bewältigen können. 

Aber der Effekt ist nicht nur auf reine Tech-Unternehmen beschränkt. Da digitale Anwendungen in jedem Lebensbereich und jeder Branche eine Rolle spielen, profitieren auch weniger technologienahe Firmen. Im Vergleich zu früheren Jahrzehnten sind Betriebe heute immer besser in der Lage, schnell auf Nachfrageschwankungen zu reagieren: Brauchten Unternehmen früher mehrere Jahre, um Produktionsstraßen auszubauen, um deutliche Nachfragesteigerungen abzubilden, können sie heute durch digital unterstützte Produktionssysteme und smarte Workflows oft innerhalb weniger Monate ähnliche Kapazitätssteigerungen erreichen. 

Dank technologischer Innovationen können AnbieterInnen in immer mehr Branchen jederzeit die Nachfrage befriedigen. So ist das Angebot z.B. von SaaS-Unternehmen strukturell kaum begrenzt. Dieses Überangebot wirkt sich ebenfalls preissenkend aus – jedenfalls in der Theorie. 

Relevant für eine Vielzahl an Branchen  

SkeptikerInnen mögen einwenden, dass es Branchen gibt, in denen die Technologisierung mit ihren Skaleneffekten nicht greift. Und das stimmt. Doch in vielen Bereichen wirken sich digitale Anwendungen indirekt aus, zum Beispiel in der Bildung, Medizin oder Immobiliensektor.

Die Diagnostik von Erkrankungen kann vielleicht bald mithilfe von KI-Anwendungen in einem Bruchteil der bisherigen Zeit und ohne den Einsatz hochqualifizierter Ärzte und Ärztinnen erfolgen. 3D-Drucker können die Planung von Gebäuden und die Herstellung von Baumaterial übernehmen und sie so um ein Vielfaches kosteneffizienter machen. Auch in diesen Fällen führt die Digitalisierung zu Kostensenkungen und damit letztlich zu einem Nachfragerückgang, der preissenkend wirkt. Wenn durch digitale Innovation mehr Wettbewerb entsteht, wenn neue MarktteilnehmerInnen KundInnen Alternativen bieten, erhöht sich der Preisdruck zusätzlich. 

Theorie und Praxis

Müssen wir dank der digitalen Transformation also keine hohen Inflationsraten mehr fürchten? Die Argumente rund um die deflatorische Wirkung von Technologie erscheinen mir im ersten Moment durchaus stimmig. 

Gerade bei erfolgreichen SaaS-Unternehmen kann ich aber nicht erkennen, dass das unbegrenzte Angebot ihrer Produkte zu sinkenden Preisen führt. Über die letzten 10 Jahren haben wir im Durchschnitt eine Software-Inflationsrate von rund 5% pro Jahr gesehen. Insbesondere die Preisfindung bei Software, die Mission Critical für ihre KundInnen geworden ist, hat sich aus meiner Erfahrung abgekoppelt vom simplen Zusammenhang zwischen Angebot und Nachfrage. Entsprechend setzen die dahinter stehenden Unternehmen Preiserhöhungen durch. 

Nachdem diese Effekte nicht seriös gewichtet werden können, ist die Quantifizierung des Beitrags von Tech-Unternehmen zur Preisstabilität nicht möglich. 

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