Strategien im Umgang mit Kundenbedenken, Kundenbindung, Metriken und Marktentwicklungen

Inhalt
Judith Oberdorf
Senior Associate
Judith Oberdorf ist Senior Associate bei FLEX Capital mit Erfahrung im Skalieren von Softwareunternehmen. Bevor sie zu FLEX kam, spielte sie eine entscheidende Rolle in einem Startup, wo sie eine der ersten Mitarbeiterinnen war. Während ihrer Zeit dort war Judith ein integraler Bestandteil der Vertriebsorganisation, leitete das Customer Succes Team und wechselte später in eine Strategierolle. In dieser Funktion verwaltete sie vielfältige Verantwortlichkeiten, einschließlich der Koordination von Preisstrategien und der Erschließung neuer Märkte, Branchen und Länder. Heute berät Judith bei FLEX Capital Portfoliounternehmen in ähnlichen Bereichen und unterstützt das Wachstum ihrer Vertriebs- und Customer Success Organisationen.

Wie können SaaS-Unternehmen erfolgreiche Strategien zur Einführung und Bindung von KundInnen entwickeln und umsetzen, um die Abwanderungsrate zu reduzieren?

Ich schlage vor, mit einem theoretischen Modell zu beginnen, der die KundInnenreise umfasst. Wir können dies als das „Customerlifecycle Modell“ bezeichnen. Um dieses Modell zu erstellen, sollte man die verschiedenen Phasen berücksichtigen, die eine Person nach Vertragsabschluss mit dem Unternehmen durchlaufen könnte, wie beispielsweise das Onboarding, die tiefergehende Nutzung (auch “Adoption” genannt) oder die Erweiterung der Nutzung und damit einhergehende Upsells oder Cross-Sells. Für jede Phase sollte man dann identifizieren, was geschehen muss, damit KundInnen zur nächsten Phase übergehen können, wobei sowohl die Maßnahmen des Unternehmens als auch die Ergebnisse des entsprechenden Nutzers berücksichtigt werden.

Anschließend empfehle ich, die wichtigsten Tätigkeiten der Customer Success ManagerInnen (CSM) zu definieren, die dazu führen, dass KundInnen die Ziele der verschiedenen Phasen erreichen. Diese Aktivitäten könnten beispielsweise die Übergabe von Vertriebsmitarbeitern and die CSMs oder Business-Review-Meetings umfassen. Hierbei sollte man sicherstellen, dass den CSMs die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stehen, wie z.B. standardisierte Präsentationsunterlagen, um Klarheit und Konsistenz den Interaktionen mit KundInnen zu gewährleisten und Vorbereitungszeiten zu minimieren. Ich empfehle, eine standardisierte Grundlage für Inhalte zu erstellen, die leicht an spezifische KundInnenfälle angepasst werden kann.

In der Interaktion mit KundInnen, ist es von großer Bedeutung, jede Interaktion wertvoll zu gestalten. Anstatt KundInnen mit wenig hilreichen Materialien zu überfluten, sollten sinnvolle Gespräche, die durch Daten unterstützt werden, geführt werden. Durch den Einsatz geeigneter Tools kann ein CSM erkennen, wie KundInnen das Produkt nutzen und Schwierigkeitsbereiche identifizieren. Dieses Wissen ermöglicht produktivere Gespräche und eine effektivere Lösungsfindung.

In Bezug auf die Häufigkeit von KundInneninteraktionen sollte die Priorisierung auf dem Kundenwert und Kundenpotenzial beruhen. Um die Profitabilität des Unternehmens nicht zu gefährden, ist es ratsam, Zeit und Ressourcen weise zuzuweisen und dabei den Return on Investment zu berücksichtigen.

Für KundInnen mit dem größten Potenzial empfiehlt es sich, strategisch zu planen. Dieser Ansatz, den man als “Account Planning” bezeichnen kann, beinhaltet z.B. die Identifizierung und Einbindung neuer Kontakte innerhalb der Kundenorganisation und kann die Zusammenarbeit über Abteilungen hinweg erfordern, wie beispielsweise Vertrieb, CSMs und Marketing, um langfristige Ziele und Strategien auf Kundenebene festzulegen. Eine vorausschauende und strategische Herangehensweise an wichtige KundInnen legt den Grundstein für erfolgreiche langfristige Partnerschaften.

Zusammenfassend sollte Customer Success auf eine strukturierte, datengetriebene Art und Weise angegangen werden, wobei der Fokus auf bedeutungsvollen Interaktionen und langfristiger Planung für die wichtigsten KundInnen liegen sollte.

Zusammenfassend sollte Customer Success auf eine strukturierte, datengetriebene Art und Weise angegangen werden, wobei der Fokus auf bedeutungsvollen Interaktionen und langfristiger Planung für die wichtigsten KundInnen liegen sollte.

Welche Leistungskennzahlen (KPIs) sollten SaaS-Unternehmen im Blick behalten, um den Erfolg ihrer Vertriebsbemühungen zu messen, und wie sollten diese KPIs verfolgt und analysiert werden?

Wenn ich an Leistungskennzahlen (KPIs) denke, teile ich sie gerne grob in zwei Gruppen ein: Output-KPIs und Outcome-KPIs. Output-KPIs helfen mir festzustellen, ob meine geplanten Initiativen zur Erreichung eines bestimmten Ziels umgesetzt werden; Outcome-KPIs helfen mir zu verstehen, ob ich das gewünschte Ergebnis erziele.

Für Outcome-KPIs ist es üblich, das Umsatzwachstum für einen bestimmten Zeitraum zu betrachten. Dieses Wachstum kann weiter in die Anzahl der gewonnenen NeukundInnen und die Nettoumsatzbindung unterteilt werden, die sowohl Expansion als auch Abwanderung berücksichtigt. Diese Kennzahlen sind entscheidend, um die Gesundheit eines Unternehmens zu verstehen.

Auf der Output- Seite gibt es mehrere wichtige KPIs, die in den Bereichen Marketing, Vertrieb und Kundenerfolg berücksichtigt werden sollten. Im Marketing empfehle ich eine umfassende Funnel-Analyse, die die verschiedenen Kanäle zeigt, aus denen Leads stammen, und wie diese Kanäle im Vergleich zueinander performen.

Darüber hinaus ist es wichtig, die Größe der Pipeline und seine potenzielle Konversionsrate im Auge zu behalten. Das Ziel sollte sein festzustellen, ob die Pipelineausreichend robust ist, um die Vertriebsziele zu erreichen. Ein häufiges Versäumnis besteht darin, dass Vertrieb und Marketing nicht ausreichend aufeinander abgestimmt sind. Manchmal investiert Marketing zwar in die Generierung von Pipeline, aber dies führt möglicherweise trotzdem noch nicht dazu, dass das Vertriebsteam seine Ziele erreichen kann. Dies kann z.B. darauf zurückzuführen sein, dass keine Abstimmung darüber besteht, welche Art von Unternehmen eine hohe Wahrscheinlichkeit haben, einen Vertrag abzuschließen und deshalb von Marketing angesprochen werden sollten. Erfolgreiche Vertriebsorganisationen definieren in der Regel klar, wie ihr “Ideal Customer Profile” aussieht und genauso wie ein „Marketing Qualified Leads“ und „Sales Qualified Leads“ aussehen sollten, und überwachen streng die Konvertierung von einer Stufe zur anderen, um mögliche Engpässe zu identifizieren. Darüber hinaus ist die Messung der Dauer des Vertriebszyklus vorteilhaft, insbesondere für die Planung. Wenn beispielsweise der Vertriebszyklus 30 Tage dauert, müssen Initiativen oder Strategien diesen Zeitrahmen berücksichtigen, bevor man konkrete Ergebnisse erwarten kann.

Wenn es um die Umsatzbindung geht, ist es entscheidend, zwischen der Gross Retention (ohne Upsells und Cross-Sells) und der Net Retention (einschließlich Upsells und Cross-Sells) zu unterscheiden. Die Gross Retention gibt Aufschluss darüber, wie viele KundInnen und wie viel ihres Umsatzes erhalten bleiben. Die Net Retention Nettoumsatzbindung zeigt an, ob es gelingt, den KundInnenverlust durch Upsells oder Cross-Sells auszugleichen.

Interessanterweise überschneiden sich die Strategien zur Reduzierung der Abwanderung und zur Steigerung des Upselling oft. Im Kern sind zufriedene KundInnen weniger geneigt, abzuwandern, und eher bereit, zusätzliche Produkte oder Dienstleistungen zu kaufen. Daher ist die Sicherstellung der KundInnenzufriedenheit entscheidend. Es gibt jedoch spezifische Initiativen, die je nach Bedarf zur Reduzierung der Abwanderung oder zur Steigerung des Upselling verfolgt werden. Ich empfehle außerdem, die Nutzungsmuster des Produkts zu überwachen, um zu verstehen, wie KundInnen mit dem Produkt interagieren, und dieses Wissen zu nutzen, um Abwanderungsrisiken oder Upselling-Chancen zu identifizieren.

Auf der Output-Seite, ist es wertvoll, die Interaktionen zu messen, die Vertriebsarbeiter mit Leads oder Customer Success Manager mit KundInnen haben.

Es ist entscheidend, Output- von Outcome-KPIs zu unterscheiden und zu überwachen. Der Fokus sollte auf dem Umsatzwachstum, der KundInnengewinnung und den Strategien zur KundInnenbindung liegen. Wichtig dabei ist die Abstimmung von Marketing- und Vertriebsbemühungen, um die gesamte Vertriebsleistung zu verbessern.

Kannst du Ratschläge zur Entwicklung einer effektiven Bewältigung von Einwänden im SaaS-Vertrieb geben?

Der effektive Umgang mit Kaufeinwänden ist oft entscheidend, um Kaufabschlüsse zu erzielen und die Abwanderung zu reduzieren. Die konkreten Bedenken und Argumente der KundInnen variieren natürlich je nach Art des Geschäfts. Meine wichtigste Empfehlung ist es, sicherzustellen, dass die Ansprache der Bedenken nicht isoliert von Einzelpersonen formuliert wird. Stattdessen empfehle ich, die Erkenntnisse der versiertesten VertriebsmitarbeiterInnen zu nutzen und diese in eine zentrale Übersicht zum Umgang von Kaufeinwänden zusammenzuführen. Diese Personen kennen ihre KundInnen in der Regel so gut, dass sie intuitiv die besten Überzeugungsargumente zur Beseitigung von Bedenken haben.

Eine Möglichkeit, ihre Expertise zu nutzen und ihre Best Practices zu sammeln, ist es, die leistungsstärksten VertriebsmitarbeiterInnen in Rollenspielen einzubeziehen. Ein Kollege nimmt dabei die Rolle eines oder einer zögerlichen oder skeptischen KundIn ein und der oder die VertriebsmitarbeiterIn zeigt, wie er oder sie die Einwände einfangen. Diese Übung kann dazu beitragen, effektive Techniken und Strategien zum Umgang mit Kaufbedenken zu dokumentieren. Sobald diese Informationen gesammelt sind, können sie in eine Übersicht zusammengefasst werden, die als Ressource für die Schulung anderer VertriebsmitarbeiterInnen dient. Hierbei sollte immer sichergestellt werden, dass von den KollegInnen mit der meisten Erfahrung im direkten Kundenkontakt gelernt wird.

Obwohl der Umgang mit Kaufbedenken hauptsächlich mit dem Vertrieb in Verbindung gebracht wird, ist der Umgang mit Kaufeinwänden auch ein wesentlicher Aspekt des Customer Success Arbeit. KundInnen fragen manchmal Rabatte an oder wollen ihren Vertrag kündigen. In solchen Fällen ist es entscheidend, dass Customer Success Manager klare Argumentationsstrategien zur Hand haben. Um diese zu etablieren, empfehle ich es, denselben Ansatz wie beim Vertriebsteam zu verfolgen.

Der Umgang mit Kaufbedenken sowohl im Vertrieb als auch im Customer Success Team kann auch klare Richtlinien für Rabatte umfassen. Anstatt Customer Success Managern oder Vertriebsteams uneingeschränkte Autorität zur Gewährung von Rabatten zu erteilen, sollten klare Grenzen festgelegt werden. Sie sollten sich vollständig der Grenzen bewusst sein, innerhalb derer sie handeln können, um konsistente und informierte Entscheidungen sicherzustellen.

Die effektive Bewältigung von Kaufeinwänden im SaaS-Vertrieb ist entscheidend für den Kaufabschluss und die Reduzierung der Kundenabwanderung. Dies beinhaltet die gemeinsame Entwicklung von Strategien unter Verwendung der Erkenntnisse der besten VertriebsmitarbeiterInnen, Rollenspiele und klare Richtlinien für sowohl Vertriebs- als auch Customer Success Teams.

Angesichts der sich ständig entwickelnden Natur des SaaS-Marktes, welchen Rat hast du für SaaS-Unternehmen, um langfristig agil und wettbewerbsfähig zu bleiben, insbesondere in Bezug auf die Anpassung an neue Technologien und Markttrends?

Ein entscheidender Aspekt einer florierenden Organisation ist die regelmäßige Kommunikation zwischen den Vertriebs- und Produktteams. Was jedoch oft fehlt, ist ein optimierter Prozess und die richtigen Tools, um diese Interaktionen sinnvoll zu gestalten. Zwar können VertriebsmitarbeiterInnen problemlos eine schnelle Nachricht an ProduktmanagerInnen senden können, um eine potenziell wertvolle Produktfunktion für KundInnen vorzuschlagen, jedoch ermöglicht dieser Ansatz keine systematische Entscheidungsfindung.

Es gibt Tools, die es Vertriebsteams, Customes Success ManagerInnen und sogar KundInnen selbst ermöglichen, ihre Anliegen dem Produktteam mitzuteilen und diese Anliegen so zu strukturieren, dass sie für das Produktteam verständlich sind. Um Klarheit zu gewährleisten, können monatliche Besprechungen zur Diskussion dieser Erkenntnisse von unschätzbarem Wert sein. Schriftliches Feedback kann manchmal den Kontext vermissen lassen, und diese monatlichen Besprechungen können den nötigen Kontext liefern.. Das ideale Feedback sollte sich nicht darauf konzentrieren, eine bestimmtes gewünschtes Produkt Feature zu beschreiben, sondern sollte als Problemstellung formuliert werden. Dann obliegt es dem Produktteam zu entscheiden, ob die Lösung für dieses Problem in den Rahmen des Wertversprechens des Produkts fällt und wie die Lösung aussehen soll

Idealerweise weiß das Produktteam auch, aus welcher Quelle jedes Feedback stammt. Kommt es von einem vielversprechenden Großkunden oder einem kleineren Kunden? Gehört dieser Kunde zur Zielgruppe, die das Unternehmen bedienen möchte? Diese Fragestellungen können Produktentscheidungen lenken. Darüber hinaus sollten Unternehmen, während sie auf signifikante Produktentwicklungen abzielen, nicht die geringfügigen Verbesserungen der Benutzerfreundlichkeit übersehen, die die User Experience erheblich verbessern können.

Es ist jedoch auch wichtig, dass das KundInnenfeedback nicht vollständig die Produkt-Roadmap diktiert. Ein Unternehmen muss die Kundenbedürfnisse mit seinen eigenen Innovationsstrategien in Einklang bringen, um der Konkurrenz voraus zu bleiben. Dieser Balanceakt umfasst langfristige Strategien, die sich auf Jahres- und Quartalsziele auswirken, und dabei gleichzeitig die Flexibilität für Zwischenanpassungen beibehalten.

In Bezug auf die Entwicklung der Roadmap empfehle ich einen iterativen Ansatz, bei dem das Produktteam einen ersten Entwurf vorschlägt, der dann mit Führungskräften aus Vertrieb und KundInnenenerfolg diskutiert und nach Berücksichtigung ihrer Inputs finalisiert wird. Dieser kooperative Ansatz stellt sicher, dass die Roadmap bei allen wichtigen Interessengruppen Anklang findet und sowohl den KundInnenenbedürfnissen als auch den Geschäftsstrategien entspricht. Der Zyklus des Feedbackeinsammelns, ermöglicht es dem Produktteam , unterschiedliche Perspektiven zu berücksichtigen und abzuwägen und führt zu einer dynamischen und effektiven Roadmap.

Um agil und wettbewerbsfähig zu bleiben, sollten SaaS-Unternehmen die regelmäßige Kommunikation zwischen Vertriebs- und Produktteams fördern und Kundenfeedback besprechen. Auf diese Weise können sie kundengetriebene Verbesserungen mit innovativen, langfristigen Strategieumsetzungen in Einklang bringen.

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*FLEX Capital ist ein Private-Equity-Buyout-Investor mit Spezialisierung auf den Softwaresektor. Wir verfügen über maßgebliche Expertise bei der Unternehmensbewertung in diesem Segment.