Post Merger Integration am Beispiel von Sellics und Perpetua

Experten Interview
Inhalt
Franz Jordan
General Manager und Vice President von Perpetua
Franz Jordan ist Unternehmer und Experte für SaaS-Lösungen. Er ist Co-Founder der 2014 gegründeten Unternehmung Sellics, der er bis zum Verkauf als CEO vorstand. Heute ist er General Manager und Vice President von Perpetua.
Christoph Jost
Managing Partner von FLEX Capital
Christoph Jost ist Serienunternehmer und Co-Founder von FLEX Capital. Er hat unter anderem die Online-Jobbörse Absolventa gegründet und zum Marktführer in Deutschland aufgebaut.

Wie funktioniert eine erfolgreiche Post Merger Integration? Im Gespräch mit FLEX Capital Managing Partner Christoph Jost berichtet Franz Jordan, General Manager und Vice President von Perpetua, über die ersten 100 Tage nach dem Merger von Sellics und Perpetua.

Franz, herzlichen Glückwunsch zum Exit an Ascential bzw. Perpetua nach einem, wie ich gehört habe, längeren Prozess. Sei so nett und gib uns ein paar Hintergrundinformationen zur Transaktion und was ihr genau gemacht habt.

Franz: Sehr gern, Christoph. Wir haben Sellics an Ascential verkauft. Ascential ist eine börsengelistete Firma in Großbritannien und eine Holdinggesellschaft. Das heißt, Ascential selbst vereint eine Reihe an Firmen unter einem Dach. Gleichzeitig bauen sie einen neuen Bereich auf, in welchem sie E-Commerce Software und E-Commerce Agenturen zusammenkaufen. Aktuell sind das 12-13 Stück. Sellics ist eine dieser Akquisitionen von Ascential gewesen.

Das Interessante an Ascential ist, dass sie in dem Bereich, in dem wir mit Sellics unterwegs sind, auch schon andere Player gekauft haben. Unter anderem Perpetua, was einer unserer Wettbewerber war. Nun wurden wir tatsächlich mit Perpetua zusammengelegt. Das heißt, Sellics wurde offiziell von Ascential gekauft, aber operativ werden wir mit Perpetua zusammen gemerged.

Post Merger Integration ist auch bei FLEX ein Thema. Die Transaktion ist bei euch noch gar nicht so lange her, rund 100 Tage. Insofern lautet meine Frage: Wie gestalteten sich diese ersten 100 Tage?

Franz: In den ersten 100 Tagen gab es mal bessere Momente und auch mal schlechtere Momente. Unsere Strategie war es, die Teams so schnell wie möglich zusammen an Themen arbeiten zu lassen. Konkret bedeutete das: Wir haben tatsächlich ab dem Tag der Integration angefangen, die Leads von Sellics an Perpetua weiterzuleiten. Wir haben in der zweiten Woche angefangen, Features zu migrieren und in der dritten Woche mit der Migration unserer Kunden angefangen.

Die vierte Woche war eine große Woche. Teile von unserem Team sind nach Toronto geflogen und Teile vom Perpetua Team sind von Toronto nach Berlin geflogen. Das bedeutete eine Woche Integration Week, in der wir uns physisch getroffen und zusammengearbeitet haben und uns gegenseitig gut kennengelernt haben. Das war die Welcome Phase mit den ersten 4-6 Wochen. In den letzten sechs Wochen lag der Fokus eher darauf, gemeinsame neue Rituale zu entwickeln und schrittweise die alten einzustellen, sodass wir nun tatsächlich nur noch ein gemeinsames Ritual haben.

Als Investor, der Firmen zu einer Gruppe zusammenbringt, haben wir bei FLEX oftmals insbesondere zu Beginn eines Mergers eine gewisse Verunsicherung bei den MitarbeiterInnen beobachtet. Wie seid ihr auf die MitarbeiterInnen zugegangen? Hattet ihr eine proaktive Kommunikationsstrategie für diesen Prozess?

Franz: Wir haben schon von Beginn an bei Sellics kommuniziert, dass es eine größere Transaktion geben wird. Es war zunächst unklar, ob es sich dabei um Fundraising oder tatsächlich einen Verkauf handelt. Die MitarbeiterInnen waren zumindest nicht überrascht, dass eine größere News kommen würde. Wir haben am Tag selbst ein Meeting veranstaltet und dort unseren Plan präsentiert. Für uns war extrem wichtig, klar zu kommunizieren, dass diese Transaktion keine Cost-Cutting Strategie ist. Das Ziel ist das gemeinsame Wachstum; niemand verliert dabei seinen Job.

Da wir sehr umfragegetrieben sind, haben wir direkt am Tag der Ankündigung eine Umfrage gestartet, um so einen Snapshot der Stimmung unter den MitarbeiterInnen zu erhalten. Das interessante Ergebnis: Trotz dieser sehr klaren Kommunikation unsererseits war die Unsicherheit bei den Leuten hoch.

Vier Wochen später haben wir dieselbe Umfrage nochmal gemacht und es zeigte sich, dass die MitarbeiterInnen bereits deutlich weniger verunsichert darüber waren, wie ihre Zukunft im Unternehmen aussehen würde. Deshalb möchte ich an dieser Stelle nochmals betonen, wie wichtig es ist, die Teams so schnell wie möglich zusammenarbeiten zu lassen und von Beginn an Klarheit über die verschiedenen Abläufe und Prozesse zu schaffen. Die Leute müssen eine Zukunft für sich im Unternehmen sehen; wir müssen ihnen zeigen, dass wir mit ihnen rechnen.

Das hat bei uns sehr gut funktioniert. Natürlich waren am Ende nicht alle MitarbeiterInnen glücklich. Aber es ist meiner Meinung nach auch eine Illusion zu glauben, dass man alle Leute auf allen Seiten einhundertprozentig zufriedenstellen kann. Aber zumindest waren die MitarbeiterInnen nach den ersten Wochen nicht mehr verunsichert.

Für uns war extrem wichtig, klar zu kommunizieren, dass diese Transaktion keine Cost-Cutting Strategie ist. Das Ziel ist das gemeinsame Wachstum; niemand verliert dabei seinen Job.

An der Stelle kann ich ergänzen, dass wir in der frühen Phase eines Mergers grundsätzlich versuchen, ein Projekt zu definieren, an dem beide Firmen zusammenarbeiten. Es geht darum, kurzfristig Erfolge zu produzieren, die wir dann aber entsprechend groß feiern.

Franz: Wir haben zwar nicht groß gefeiert, aber Erfolge dennoch klar hervorgehoben, zum Beispiel in dem Moment, als der erste Kunde, der von Sellics generiert und von Perpetua geclosed wurde. Wir hätten das sicherlich noch mehr feiern können, denn diese Geste kommt immer gut an. Ich glaube, allein die Geschwindigkeit zu zelebrieren, ist bereits eine gute Sache.

Hast du weitere Learnings aus den ersten 100 Tagen, die du mit anderen UnternehmerInnen teilen möchtest, die in einer ähnlichen Situation stecken?

Franz: Da ich persönlich nie wirklich für eine andere Firma gearbeitet habe als Sellics fehlt mir an mancher Stelle die Perspektive, wie es bei anderen Firmen zugeht.

Bei dieser Transaktion ist mir nun das erste Mal bewusst geworden, wie stark und vor allem wie wirkungsvoll eine gemeinsame Kultur im Unternehmen ist. Rückblickend auf die letzten 100 Tage würde ich sagen: Die meisten Reibungspunkte entstehen häufig aufgrund eines unterschiedlichen kulturellen Hintergrunds. Für eine erfolgreiche Integration ist die Gestaltung und Definition einer gemeinsamen Kultur Voraussetzung. Das habe ich gelernt und das sollten UnternehmerInnen unbedingt beachten.

Bei dieser Transaktion ist mir nun das erste Mal bewusst geworden, wie stark und vor allem wie wirkungsvoll eine gemeinsame Kultur im Unternehmen ist. Rückblickend auf die letzten 100 Tage würde ich sagen: Die meisten Reibungspunkte entstehen häufig aufgrund eines unterschiedlichen kulturellen Hintergrunds.

Die ersten 100 Tage habt ihr geschafft, lass uns einen Blick nach vorn werfen. Was plant ihr für die nächsten Jahre?

Franz: Im Rahmen der Akquisition haben wir gemeinsam mit dem Käufer einen Businessplan für die nächsten vier Jahre aufgesetzt. Dieser Businessplan ist der Holy Grail, an dem wir uns alle orientieren und den wir ausführen. Das heißt, es gibt aktuell keine Änderungen oder radikalen Neuerungen an dem Plan; wir wollen ihn erst einmal so weiterführen.

Vielen Dank für deine Insights und dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast.

Franz: Sehr gerne.

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*FLEX Capital ist ein Private-Equity-Buyout-Investor mit Spezialisierung auf den Softwaresektor. Wir verfügen über maßgebliche Expertise bei der Unternehmensbewertung in diesem Segment.