Verkaufsverhandlung: Welchen Wert hat dein SaaS-Unternehmen?

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Verkaufsverhandlung: Welchen Wert hat dein SaaS-Unternehmen?

Oft werde ich schon beim ersten Gespräch mit UnternehmerInnen gefragt, welchen Unternehmenswert ich ansetzen würde. VerkäuferInnen möchten natürlicherweise einen möglichst hohen Preis erzielen. Wir als Käufer werden dem Deal hingegen nur zustimmen, wenn wir den Kaufpreis als realistischen Marktpreis einschätzen. So wie die meisten anderen Private Equity Funds denken wir als Käufer dabei häufig in Korridoren, die sich aus unserer Erfahrung im Buy-out Markt ergeben. Nur wenn die Bewertungsvorstellung innerhalb dieser Leitplanken liegt, wird der Deal von uns weiterverfolgt. Daher ist es wichtig, dass UnternehmerInnen den Wert ihres Unternehmens vorab realistisch einschätzen.

Unserer Erfahrung nach ist das aber nicht immer der Fall. Die Gründe dafür sind vielseitig. So erleben wir, dass einige UnternehmerInnen sich bei ihrer Einschätzung zum Unternehmenswert eher an der Höhe ihres gewünschten Cash-outs orientieren als am tatsächlichen Marktwert. Dieser Ansatz führt interessanterweise manchmal auch zu deutlich zu geringen Wertvorstellungen. Andere orientieren sich an den Bewertungen großer börsennotierter Unternehmen, die sich nur schwer mit den Buy-out-Marktpreisen von Firmen in der Größenordnung 5 bis 30 Millionen Euro Umsatz vergleichen lassen und von einer Vielzahl anderer Faktoren beeinflusst werden. Ein weiterer Grund ist die starke emotionale Bindung von GründerInnen an ihr Unternehmen, die schnell zu einer Überschätzung des Werts führt.

Die am häufigsten verwendete Methode, die eine schnelle Einschätzung der Unternehmensbewertung erzielt und die wir auch bei FLEX verwenden, ist das Multiplikatorverfahren. Dabei wird der Unternehmenswert durch folgende Formel bestimmt:

Kennzahl x Multiple = Unternehmenswert

Die Bewertung ist jedoch weitaus komplexer, als es die Formel auf den ersten Blick vermuten lässt. Denn der Multiple muss korrekt bestimmt werden und auch bei der Berechnung der Basiskennzahl müssen verschiedene Faktoren beachtet werden. UnternehmerInnen, die zum ersten Mal ein Unternehmen bewerten, fällt die korrekte Einschätzung daher oft schwer.

Als Partner bei FLEX Capital beschäftige ich mich nahezu jeden Tag mit dem Thema Unternehmensbewertung. Worauf es bei der Bestimmung der Kennzahl und des Multiples für SaaS-Firmen zu achten gilt, habe ich hier zusammengefasst:

EBITDA richtig kalkulieren

Bei etablierten Unternehmen wird meistens das EBITDA als Basiskennzahl zur Berechnung des Unternehmenswertes verwendet. Obwohl das EBITDA eine klar definierte Finanzkennzahl ist, kommen wir als Käufer häufig zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der Berechnung des EBITDAs als der Verkäufer/ die Verkäuferin. Das hat verschiedene Gründe.

Das EBITDA zeigt den Gewinn ohne Berücksichtigung von Zinsen, Steuern, Abschreibungen und sonstigen Finanzierungsaufwendungen. Da wir uns als Investor für das operative Geschäft des Unternehmens interessieren, wird das EBITDA um nicht operative Einkünfte und Kosten sowie Einmal-Effekte bereinigt. Typische Einmal-Effekte sind etwa Beratungskosten für Transaktionen oder Strategieprojekte sowie Abfindungs- oder Vergleichszahlungen bei Rechtsstreitigkeiten. Einige Unternehmen nutzen diese Möglichkeit der Bereinigung des EBITDA aber, um tatsächlich operative Kosten von der Berechnung auszuschließen. Denn schon eine Bereinigung in Höhe von 100.000 Euro kann bei einem EBITDA-Multiple von >10 zu einem Unterschied im Kaufpreis von mehr als einer Million Euro führen.

Ebenso schließen wir als Investor Fördergelder oder aktivierte Entwicklungsaufwendungen als Einkünfte bei der EBITDA-Berechnung aus, da sie keine operativen oder – im Fall von aktivierten Eigenleistungen – Cash-relevante Einkünfte darstellen.

Unabhängig davon, wo genau die Unterschiede in der Berechnung liegen, können sie zu einer erheblichen Differenz zwischen den Bewertungsvorstellungen der Käufer- und VerkäuferInnen führen. Was natürlich ein echter Deal-Breaker werden kann.

Die Rule of 40

Die richtige Berechnung des EBITDA ist aber nicht die einzige Voraussetzung zur realistischen Einschätzung des Unternehmenswertes, da das EBITDA nur die Basiskennzahl für die Unternehmenswertberechnung liefert. Ebenso entscheidend ist die korrekte Bestimmung des Multiples. Die Höhe des Multiples kann von Unternehmen zu Unternehmen stark variieren und wird im Wesentlichen von dem Zukunftspotenzial des Unternehmens beeinflusst. Die Rule of 40 ist eine oft genutzte Metrik, um genau dieses Potenzial zu bestimmen, auch im SaaS-Umfeld. Dabei werden Umsatzwachstum und EBITDA-Marge addiert. Liegt der Wert über 40 Prozent, gehen wir als Investor von einem gesunden Business aus und der Bewertungsmultiple fällt höher aus als bei Unternehmen mit Werten unter 40 Prozent. So können auch Unternehmen, die ein geringeres EBITDA haben, weil sie viel ins Wachstum investieren, von einer hohen Bewertung profitieren. Denn in bestimmten Situation und Märkten kann dieser Trade-off genau die richtige Entscheidung sein und sollte somit auch in der Unternehmensbewertung durch einen höheren EBITDA-Multiple berücksichtigt werden.

SaaS-spezifische Kriterien

Neben Wachstum und Marge gibt es bei SaaS-Unternehmen noch weitere Kennzahlen, mit denen wir als Investor die Höhe des Multiples bestimmen.

Eine dieser Kennzahlen ist die Churn-Rate. Da diese einen entscheidenden Einfluss auf die Nachhaltigkeit des Umsatzwachstums hat, ist die Churn-Rate auch ein wichtiges Kriterium bei der Bestimmung des Multiples.
Wie wir als Investor die Churn-Rate im Due-Diligence Prozess analysieren kann hier nachgelesen werden:

Churn – Deal-Maker oder Deal-Breaker

Ebenso entscheidend ist die absolute Größe des Unternehmens. Ein Unternehmen mit einem EBITDA von >5 Millionen Euro wird mit einem höheren Multiple bewertet als ein identisches Unternehmen mit nur 1 Million Euro EBITDA. Zum einen gehen wir davon aus, dass ein großes Unternehmen stabiler und damit risikoärmer ist. Zum anderen gibt es zumeist eine größere Anzahl an Kaufinteressenten, die den Marktpreis nach oben treiben.

Alle Faktoren sind aber nicht zuletzt im Kontext des Marktes zu sehen. Die beste Churn Rate nützt nichts, wenn der Markt zu klein ist. Bei einem Volumen von unter 50 Millionen Euro Umsatzpotenzial wird es für verkaufsinteressierte GründerInnen unserer Erfahrung nach schwierig, KäuferInnen zu finden.

Umsatz oder ARR als Basiskennzahl

Neben dem EBITDA als Basiskennzahl wird bei SaaS-Firmen auch immer häufiger der Umsatz oder das Annual Recurring Revenue als Basiskennzahl in der Bewertungsberechnung verwendet. Die Umsatz-Multiples sind entsprechend niedriger als EBITDA-Multiples. Gerade bei jüngeren und/oder stark wachsenden SaaS-Firmen kann es sinnvoll sein, neben der EBITDA-basierten Bewertung auch eine Umsatz-basierte Bewertungsrechnung durchzuführen. So wird sichergestellt, dass SaaS-Firmen, die auf EBITDA verzichten, um schneller zu wachsen, bei der Bewertung nicht benachteiligt werden. Hier schauen wir vor allem auf die Dynamik des Umsatzwachstums, um einen angemessenen Multiple zu bestimmen.

Oftmals kann ich mit diesen wenigen Kennzahlen so spätestens im zweiten Gespräch mit den UnternehmerInnen die Leitplanken für eine Bewertung aufzeigen. Der finale Kaufpreis hängt natürlich noch von weiteren Faktoren ab, wie Qualität des Produkts, Marktposition und natürlich dem Verhandlungsgeschick der UnternehmerInnen.

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*FLEX Capital ist ein Private-Equity-Buyout-Investor mit Spezialisierung auf den Softwaresektor. Wir verfügen über maßgebliche Expertise bei der Unternehmensbewertung in diesem Segment.