Erfolgreiche externe CEOs – Wie werde ich einer und woran erkenne ich einen?

Experten Interview
Inhalt
Michael Shangkuan
CEO von Lingoda
Mike ist EdTech-Unternehmer, Fitness-Freak und polyglott mit sechs Sprachen, nämlich Englisch, Deutsch, Spanisch, Französisch, Chinesisch und Japanisch. Als Pionier im Bereich des Sprachenlernens ist er Geschäftsführer der Lingoda GmbH, Europas führender Online-Sprachschule, wo er für Unternehmensstrategie und das Tagesgeschäft zuständig ist. Davor war er Geschäftsführer bei Terra Education, einem B Corp-Unternehmen, das Sommer-Lernangebote für Teenager in Afrika, Südamerika und Asien anbietet. Mike hat in sechs Ländern auf vier Kontinenten gelebt. Weniger bekannt ist, dass er ehemaliger Bodybuilder ist und an mehreren internationalen Wettbewerben teilgenommen hat. Er ist Absolvent der Yale University und hat einen MBA der Harvard Business School.
Christoph Jost
Managing Partner von FLEX Capital
Als Serienunternehmer und Mitgründer von FLEX Capital hat Christoph Jost die Online-Jobbörse Absolventa gegründet und zum Marktführer in Deutschland ausgebaut. Er entwickelte auch die Online-Listing-Gruppe Passion 4 Gästezimmer. Beide Unternehmen verkaufte er erfolgreich an die FUNKE Mediengruppe.
Mike, vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Vielleicht erzählst du zunächst ein wenig zu deinem bisherigen persönlichen Werdegang.

Michael: Klar. Zunächst möchte ich mich für die Einladung zu diesem Interview bedanken. Ich freue mich sehr, mit dir über dieses Thema zu sprechen. Um dir einen Überblick zu meinem Hintergrund zu geben: Ich bezeichne mich selbst als einen EdTech-CEO mit Fortune 500 Erfahrung und unterteile meine Karriere in drei Stadien.

Im ersten Stadium nach meinem Studium arbeitete ich im Investment Banking bei Goldman Sachs. Dort lernte ich die Grundlagen des Finanzwesens sowie die Denkweise der Investoren kennen.

Für eine berufliche Veränderung ging ich dann zurück an die Business School und ins Markenmanagement: B2C-Marketing bei Procter and Gamble. Ich dachte mir, wenn ich Seife für 10 Dollar verkaufen kann, dann kann ich im Grunde alles verkaufen. Ich habe dort gelernt, wie man ein Unternehmen führt, wie man den Umsatz steigert und wie man Prozesse und Strukturen einer Organisation aufbaut.

An diesem Punkt realisierte ich, dass ich in die Richtung Bildungstechnologie gehen möchte. Zuerst war ich der CEO von Terra Education, einem Start-up welches Bildungsreiseprogramme für Jugendliche und Erwachsene anbietet. Ich stieg als externer CEO ein. Es war eine sehr erfolgreiche Erfahrung: Wir haben das Unternehmen im ersten Jahr profitabel gemacht, den Umsatz verdoppelt und das Investorenkapital versechsfacht, ohne zusätzliches Kapital zu beschaffen.

Jetzt bin ich der CEO von Lingoda, Europas führende Online-Sprachschule. Wir bieten 24/7 online und live Unterrichtskurse in Englisch, Deutsch, Französisch und Spanisch an. Das Unternehmen mit Sitz in Berlin wurde 2013 von zwei deutschen Unternehmern aus Köln gegründet: Fabian und Felix Wunderlich. Ich bin seit Ende 2017 im Unternehmen, als ich als Managing Director mit Verantwortung über Marketing und Finance einstieg. Im Jahr 2018 wurde ich CEO. Bisher haben wir den Umsatz um das Zehnfache gesteigert und das praktisch ohne Cash-Burn.

Bisher haben wir den Umsatz um das Zehnfache gesteigert und das praktisch ohne Cash-Burn.

Das ist beeindruckend, Mike. Vielen Dank. Das Thema, das wir heute ein wenig vertiefen möchten, ist, was Gründer beachten müssen, wenn sie darüber nachdenken, einen externen CEO ins Boot zu holen, aber auch, was CEOs bei der Übernahme einer solchen Position beachten sollten. Was waren deine Erfolgsfaktoren?

Michael: Sicher. Ich würde die Antwort der Frage auf drei Ebenen aufbauen.

Das Erste, was man als angehender externer CEO beachten muss, ist zu begreifen, ob die Gründer „König“ oder „reich“ sein wollen. Diese Unterteilung basiert auf einem Konzept aus dem Buch „The Founder’s Dilemma“ von Noam Wassermann, einem langjährigen Professor der Harvard Business School. Es geht darum zu verstehen, welche der beiden Ziele der Gründer verfolgt bzw. welches er verkörpert.

Entweder sie wollen der „König“ sein, dann versuchen sie die Kontrolle im Unternehmen zu optimieren. Sie haben die Vision, den Wunsch, ein Unternehmen aufzubauen und sie wollen das Unternehmen unbedingt leiten. Oder aber sie wollen „reich“ sein, was bedeutet, dass sie auf die finanzielle Rendite setzen. Hierbei ist es dem Gründer am Ende egal, wer es leitet, solange das Unternehmen erfolgreich ist. Das Wichtigste an einer guten Beziehung ist, von Anfang an zu wissen, was die Gründer antreibt: Wenn die Gründer vom Reichtum und nicht von der „Königs-Idee“ getrieben werden, dann ist es ein guter Start. Wenn es andersherum ist, ist es ziemlich schwierig.

Das Erste, was man als angehender externer CEO beachten muss, ist zu begreifen, ob die Gründer „König“ oder „reich“ sein wollen. Entweder sie wollen der König sein, dann versuchen sie die Kontrolle im Unternehmen zu optimieren. (…) Oder aber sie werden vom Vermögen getrieben, was bedeutet, dass sie auf die finanzielle Rendite setzen.

Die zweite Sache besagt: Sei bescheiden und bereit, dich zu beweisen. Was ich damit meine? Man muss zuhören und verstehen wollen, worum es geht, denn die Gründer haben eine klare Vision ihrer Idee und sind aus gutem Grund erfolgreich.

Bevor man sich also die Hände schmutzig macht und loslegt, sollte man verstehen, wie das Unternehmen läuft und was funktioniert. Nach diesem Verständnis sollte man selber mit anpacken. Du solltest nicht auf dem hohen Thron sitzen, sondern tief eintauchen, mithelfen und lernen. Vereinbare Sales-Termine, nehme an einem Marketing-Meeting teil, nutze das Produkt und sprich mit Kunden.

Als persönliches Beispiel, bei Terra Education, meinem letzten Start-up, bin ich als Vertriebsmitarbeiter quer durchs Land gereist, um mich mit Kunden zu treffen. Ich habe um zwei oder drei Uhr nachts bei der Firmennotrufnummer gearbeitet, um Probleme in verschiedenen Ländern zu lösen. Das sind Erfahrungen, die mir wirklich geholfen haben zu verstehen, wie die Unternehmung funktioniert. Gleichzeitig konnte ich den Gründern zeigen, dass ich mich wirklich für die Abläufe interessiere und sie verstehen wollte.

Die zweite Sache besagt: Sei bescheiden und bereit, dich zu beweisen. Was ich damit meine? Man muss zuhören und verstehen wollen, worum es geht, denn die Gründer haben eine klare Vision ihrer Idee und sind aus gutem Grund erfolgreich.
Der dritte Aspekt ist, ein Chamäleon zu sein. Hierbei meine ich, flexibel auf unterschiedliche Arbeitsstile und Kulturen zu reagieren, denn die Arbeitsweise der Unternehmung, die von den Gründern ins Leben gerufen wurde, wird sich von der eigenen, und der des vorherigen Unternehmens unterscheiden. Beispielsweise wurde das letzte Unternehmen, das ich geführt habe, von einem Stanford MBA aus Afrika gegründet. Lingoda wurde von zwei Brüdern aus Westdeutschland gestartet. Also, diese Fähigkeit, ein Chamäleon zu sein und zu verstehen, was mein eigener Arbeitsstil und was der von Anderen ist, ist extrem wichtig. Ich persönlich nenne das KQ, Kulturquotient. Es ist die nächste Stufe des EQ (emotionalen Quotienten), nämlich, dass man sich der Funktionsweise verschiedener Kulturen bewusst wird. Und die Kultur beeinflusst natürlicherweise wie die Personen arbeiten.
Der dritte Aspekt ist, ein Chamäleon zu sein. Hierbei meine ich, flexibel auf unterschiedliche Arbeitsstile und Kulturen zu reagieren, denn die Arbeitsweise der Unternehmung, die von den Gründern ins Leben gerufen wurde, wird sich von der eigenen, und der des vorherigen Unternehmens unterscheiden.
Lass uns noch tiefer in das Thema einsteigen. Ein Gründer hat beschlossen, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, einen externen CEO einzustellen. Worauf sollte bei den Lebensläufen der CEOs geachtet werden?

Michael: Das ist eine unglaublich wichtige Frage. Denn stellt man die richtige Person ein, können die Dinge sehr gut laufen. Stellt man wiederum die falsche Person ein, können die Dinge richtig schieflaufen. Ich denke, das Erste, was die Gründer tun sollten, ist tief in sich hineinschauen, ehrlich sein und fragen: Willst du der „König“ sein, oder willst du „reich“ werden?

Wenn man als Gründer die „Königs-Idee“ verfolgen möchte, denke ich, dass es ein Erweckungserlebnis geben muss. Man sich damit wohlfühlen, die Kontrolle möglicherweise aufzugeben. Entweder bleibt man im Unternehmen aber übernimmt eine andere Rolle oder man verlässt das Unternehmen und macht etwas ganz anderes. Das ist recht üblich, denn was die meisten Gründer gut können, ist, ein Unternehmen zu gründen, aber nicht unbedingt auch ein Unternehmen zu führen und weiterzuentwickeln.

Zweitens: Als Gründer musst du dir im Klaren darüber sein, was bzw. welche Skills du suchst. Wie bei jedem anderen Einstellungsprozess auch, sollte dir bewusst sein, was dir in deinem Team fehlt, was die Ziele und Visionen der Unternehmung sind und welche Fähigkeiten und Erfahrungen man kompromisslos braucht.

Die dritte Sache ist, jemanden einzustellen, der solch eine Position schon einmal innehatte. Wenn man als externer CEO in ein Unternehmen kommt, muss man sehr gut mit den Gründern zusammenarbeiten. Man muss gut mit der Arbeitsweise der Unternehmung arbeiten können. Gleichzeitig muss man Zahlen liefern. Daher ist es eben wichtig, jemanden einzustellen, der diese Aufgaben bereits gemacht hat.

Wie bei jedem anderen Einstellungsprozess auch, sollte dir bewusst sein, was dir in deinem Team fehlt, was die Ziele und Visionen der Unternehmung sind und welche Fähigkeiten und Erfahrungen man kompromisslos braucht.

Wenn ein CEO eine Stelle als externer CEO eines Gründerunternehmens angeboten bekommt, worauf sollte er oder sie achten? Was sollten die Entscheidungskriterien sein, ob er oder sie den Job annimmt oder nicht?

Michael: Das ist in der Tat eine sehr interessante Frage und ich hätte sie wohl vor 11 Jahren anders beantwortet als heute. Ich nenne es die Beantwortung der drei „E“. E für „envision“, E für „engage“ und E für „enable“.

Beim ersten E, „envision“, dreht sich alles um die Vision. Was ist das gelobte Land? Warum gibt es Menschen hier? Wo wollen wir alle hin? Um es kurz auszudrücken: die Strategie, die Vision, die Mission. Es geht um das große Bild. Das zu betrachten ist das Erste, was der oder die CEO tun sollte.

Beim zweiten E, „engage“, geht es darum, Leute zu verpflichten. Das bedeutet, dass man die richtigen Leute zur richtigen Zeit einstellt und in ihre Entwicklung investiert. Die richtigen Leute zur richtigen Zeit werden den entscheidenden Unterschied ausmachen.

Sobald man die richtigen Leute hat, muss man sie befähigen. Man muss sie für den Erfolg vorbereiten, indem man genau die richtige Menge an Prozessen erstellt. Man muss klare Ziele und Erwartungen kommunizieren, Feedback geben, sowohl konstruktiv als auch sagen, was gut läuft. Und ihnen die Grenzen ihres Aufgabenbereichs aufzeigen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es eigentlich keinen Unterschied macht, ob sie als externer CEO oder nur als CEO einsteigen, weil die Rolle letztlich dieselbe ist.

Ich nenne es die Beantwortung der drei „E“. E für „envision“, E für „engage“ und E für „enable“.
Wir als Private Equity Fonds werden natürlich oft mit dem Thema konfrontiert, einen externen CEO ins Boot holen zu müssen, wenn der Gesellschafter-Vorstand damit einverstanden ist. Magst du noch eine abschließende Bemerkung zu dem Thema loswerden?

Michael: Ich hatte bisher zwei CEO-Positionen, mit denen ich jeweils geholfen habe, ein erfolgreiches Unternehmen auf die nächste Stufe zu heben. Ich denke, dass dies eine spezielle Fähigkeit ist.

Wie bereits erwähnt benötigen Gründer, die ein Unternehmen starten besondere Fähigkeiten, während diese Unternehmung zu betreiben und zu entwickeln wieder andere Fähigkeit benötigt. Jede Fähigkeit ist anders. Ich rege die Leute immer dazu an, darüber nachzudenken: Möchtest du der „König“ sein oder willst du „reich“ sein?

Wenn die Antwort zum Reichtum führt, ist es richtig, einen externen CEO zu finden. Es ist ein Prozess, der sicherlich viel Zeit in Anspruch nimmt, weil man auf so vielen verschiedenen Ebenen eine Übereinstimmung finden muss, sei es was die gesuchten Qualifikationen betrifft oder die Unternehmenskultur.

Diese Entscheidung kann eine sein, die die gesamte Dynamik eines Unternehmens verändern kann. Und ich kann nur hoffen, dass Fabian und Felix Wunderlich und die Gründer meiner letzten Firma sagen, dass die Entscheidung mich in das Unternehmen zu holen, die richtige war.

Gründer, die ein Unternehmen starten, benötigen besondere Fähigkeiten, während diese Unternehmung zu betreiben und zu entwickeln wieder andere Fähigkeit benötigt.
Beitrag teilen
Erhalten Sie innerhalb von zwei Werktagen eine indikative Bewertung Ihres Unternehmens.
Wir berechnen auf dieser Basis gerne einen indikativen Wert Ihres Software- oder Tech-Unternehmens. Für eine genauere Bewertung müssen wir im zweiten Schritt weitere sensible Daten erfragen, für die wir Ihnen vorab eine Vertraulichkeitsvereinbarung zukommen lassen.

*FLEX Capital ist ein Private-Equity-Buyout-Investor mit Spezialisierung auf den Softwaresektor. Wir verfügen über maßgebliche Expertise bei der Unternehmensbewertung in diesem Segment.