Nils Engelking (l) und Nils Drescher vor ihrer Firmenzentrale in Bielefeld
Nils Engelking (l) und Nils Drescher vor ihrer Firmenzentrale in Bielefeld
Studio Hirschmeier

Nils Engelking und Nils Drescher lernten sich im Studium kennen und bauten eher zufällig die größte Plattform für QR-Codes auf.

Über ihren QR-Code-Generator werden täglich mehrere 100.000 Codes erstellt, Konzerne wie Amazon, Apple, Bosch, SAP, Facebook gehören zu ihren Kunden.

Auch die Corona-Pandemie beflügelt das Geschäft: mit QR-Codes zur digitalen Kontaktverfolgung, digitalen Menüs oder im Einzelhandel als Link zum Online-Shop.

Wenn man an Innovation und Erfolg denkt, fällt einem eher nicht als erstes Bielefeld ein. Und doch kann die Stadt in Nordrhein-Westfalen auf zwei Gründer blicken, die es eher zufällig zu einer wirtschaftlichen Erfolgsgeschichte gebracht haben.

Nils Drescher (38) und Nils Engelking (35) lernen sich im Studium kennen, zu einer Zeit, als QR-Codes ein eher neues Phänomen sind. Ein QR-Code, eine Abkürzung für „Quick Response“ (deutsch: schnelle Antwort), ist ein zweidimensionaler Code, der per Smartphone-Kamera gescannt werden kann und zu einer Website weiterleitet.

Aus Neugier programmierte Drescher vor über zehn Jahren eine Website mit einem Generator für QR-Codes – der sofort jede Menge Besucher anzog. „Ich habe rund zehn Stunden investiert, um eine Webseite zu bauen und die Domain zu registrieren. Es war mein Interesse an der Technologie, ohne den Gedanken, dass es ein Geschäftsmodell sein könnte“, erinnert sich Geschäftsführer Drescher im Gespräch mit Business Insider.  

Vom Hinterhof auf den Weltmarkt

Die beiden Studienkollegen überraschen die hohen Besucherzahlen – und sie überlegen, wie sie das gewinnbringend nutzen können. Die Idee für ihre eigene Firma ist geboren. 2009 gründen sie Egoditor, den Anbieter der Plattform QR-Code-Generator.com, in einem Hinterhof über einer Garage in Bielefeld. „Wir waren 2010 die ersten, bei denen man einen QR-Code als Grafik-Datei in Printqualität kaufen konnte“, so Drescher.

Heute hat das Unternehmen über 50 Mitarbeiter und 10 Millionen Nutzer in über 190 Ländern weltweit. Dabei fahren die Gründer mit ihrem Geschäftsmodell zweigleisig: zum einen gibt es den QR-Code Generator, zum anderen ein Softwarepaket, mit dem große Kunden individuellere QR-Codes gestalten können. Zu diesen zählen unter anderem Amazon, Apple. Bosch, SAP, Facebook, Netflix, Zalando, Disney, aber auch Mittelständler und Privatpersonen. Täglich werden über ihren QR-Code-Generator mehrere 100.000 Codes generiert und täglich scannen Konsumenten über 2,5 Millionen QR-Codes, die von QR-Code-Generator stammen. Damit zählen die Gründer, laut eigener Aussage, mit ihrem Unternehmen zum Weltmarktführer im Bereich QR-Code-Erstellung.

Geschäftsführer Engelking: „QR-Codes sind ein Phänomen, das eigentlich aus dem asiatischen Raum zu uns kam. Es ist außerdem ein absolutes Suchmaschinen-Thema, das hat dazu beigetragen, das wir schnell einen großen Kundenstamm aufbauen konnten.“

Dabei war die Firma, die die Gründer aus eigenen finanziellen Mitteln gestartet haben, vom ersten Tag an profitabel – und ist es heute noch. Vor kurzem kam ein Investor, Flex Capital, hinzu, den die Gründer vor allem wegen der Expertise schätzen. Drescher: „Wenn man immer alles alleine macht, ist es gut, Perspektive von außen zu bekommen und sein Netzwerk zu erweitern.“

QR-Codes im Friedwald und als Tattoo

Das Wichtigste: der QR-Code muss lange gültig sein. Deshalb haben die Engelking und Drescher sogenannte dynamische Codes entwickelt, die gedruckt nicht ausgetauscht werden müssen, sondern in denen die gespeicherten Links über die Software aktualisiert werden können. Mit der Software kann auch gemessen werden, wie viele Male der QR-Code gescannt wurde. Drescher: „Damit schaffen wir eine Verbindung zwischen Online und Offline. Unternehmen, die heute zum Beispiel keine QR-Codes auf Plakaten verwenden, können nur schwer sehen, wie viele Kunden sie damit wirklich auf ihre Website holen.“

Doch nicht nur Großkonzerne, auch ausgefallenere Kunden sind manchmal dabei – wie der Manager eines Friedwaldes, also einem alternativen Friedhof, in dem Tote in Urnengräbern unter Bäumen bestattet werden können. Drescher: „Der Kunde wollte potentiellen Interessenten mehr Informationen über die Bäume geben, die noch frei waren – ohne große Infotafeln aufstellen zu müssen.“ Statt dessen hängte er QR-Codes des Bielefelder Unternehmens an die Stämme, mit denen er immer wieder die Informationen digital aktualisieren kann. Und auch Menschen, die QR-Codes als Körperschmuck in Form von Tattoos tragen, greifen wegen der dynamischen Codes gern auf das Unternehmen zurück – so muss ein Tattoo trotz ewiger Haltbarkeit dennoch nicht die gleiche Aussage haben. Selbst in Überraschungs-Eiern findet man die Codes mittlerweile, „schon die Kleinsten wachsen damit auf“, sagt Drescher. Er selbst benutzt QR-Codes auch in seiner Wohnung – zum Beispiel um für Gäste das Passwort fürs WiFi bereitzustellen, ohne das diese es erst händisch abtippen müssen.

Corona als Treiber für QR-Codes

Auch die Corona-Pandemie stoppte das Wachstum des QR-Code-Unternehmens nicht – im Gegenteil. „Durch Corona gab es noch einmal einen richtigen Push“, sagt Drescher. Plötzlich gab es in Restaurants Menükarten per QR-Code, Kontaktlisten per QR-Code, Einzelhändler hängten QR-Codes in ihre Schaufenster, um für ihre Online-Shops zu werben. Auch in Impfzentren oder zum Runterladen der Corona-Warn-App wurden QR-Codes genutzt. Drescher: „Wir denken, dass damit verbunden auch noch viele neue Anwendungsfälle kommen werden, denn spätestens jetzt hat jeder schon einmal einen QR-Code mit seiner Kamera gescannt und trägt dieses Erlebnis als Impuls in sein Unternehmen.“

Um das zu bewältigen, wollen die Gründer auch selbst noch einmal aufstocken und ihr Team um rund zwanzig Mitarbeiter erweitern. Diese müssten dafür allerdings nicht nach Bielefeld ziehen – denn das ihre Heimat nicht als attraktivster Standort gilt, ist den beiden Geschäftsführern bewusst. So arbeitet bereits ein Teil der Mitarbeiter aus Berlin, darunter auch ehemalige Angestellte von Google oder der Smartphone-Bank N26.

Engelking: „Vom Begriff Standort haben wir uns verabschiedet. Es ist uns egal, wo die Person sitzt.“ Dennoch wäre es schön, sich Post-Corona wieder öfter zu sehen im Team – ganz offline, ohne Link im QR-Code.