Das Pricing der eigenen Produkte ist für jede/n Software-Unternehmer/in eine Herausforderung. Die Konkurrenz ist in der Regel groß, das eigene Produkt nie wirklich fertig und die Support-Tickets zahlreicher, als man es gerne hätte. Entsprechend wird beim Pricing häufig ein eher vorsichtigerer Ansatz gewählt, ob es sich nun um Software-as-a-Service oder klassische Lizenzmodelle handelt.
Gerade bei letzterem hat auch der eigene Vertrieb häufig gewisse Verhandlungsspielräume, die nicht selten ausgeschöpft werden, um einen Abschluss zu erzielen. Bestenfalls wird beim Lizenzvertrag oder dem Stundensatz der BeraterInnen ein Nachlass gewährt, im ungünstigsten Fall die prozentuale Wartungspauschale gemindert bzw. die Wartung auf den rabattierten Lizenzvertrag gewährt.
In meiner Laufbahn habe ich diverse UnternehmerInnen getroffen, die durchaus stolz darauf waren, die Preise für ihre Produkte seit 5, 10 oder gar zwanzig Jahren nicht mehr angepasst zu haben – „der Kunde ist König“. Das mag zwar stimmen, dennoch sollte das Pricing immer auch dem Wertbeitrag bei den KundInnen folgen bzw. die gestiegenen Kosten im eigenen Unternehmen widerspiegeln.
Aber mit welchen Kundenabwanderungsraten oder Englisch „Churn“ muss man rechnen, wenn man Preisanpassungen vornimmt? Generell sind die Auswirkungen deutlich geringer, als man befürchten könnte.
Lizenzmodelle mit Wartungsverträgen
Bei Lizenzmodellen sollten die KundInnen zunächst in Cluster aufgeteilt werden: Wer bezahlt wieviel für welchen Leistungsumfang? Schon in diesem Schritt lassen sich die AusreißerInnen identifizieren, die dem Vertrieb gegenüber offensichtlich sehr gut verhandelt haben. Für diese Gruppe sind Preisanpassungen bei der Wartung keine Überraschung, waren die Konditionen anfangs doch offensichtlich sehr günstig. Argumentiert werden kann hier über eine Anpassung an den marktüblichen Prozentsatz für Wartungsleistungen. Die Abwanderungsraten sind für diese Kundengruppen so gering, dass der gestiegene Wertbeitrag für das eigene Unternehmen de facto immer überwiegt.
Schwieriger wird es bei KundInnen, die etwas unterhalb des Standard-Pricings liegen. Hier zeigt sich: Ist die Software erstmal im Einsatz und die Wertschätzung bei den KundInnen erlangt, lassen sich Preiserhöhungen gut verargumentieren. Schließlich ist die anfängliche Skepsis in aller Regel der Erkenntnis gewichen, dass die Software eben doch ihr Geld wert ist. Übliche Churn-Rates bewegen sich für diese Gruppe bei ca. einmalig 5% nach Preisanpassung. Auch dieser Wert ist im Vergleich zum Wertbeitrag in aller Regel sehr gut vertretbar.
Software-as-a-Service
Bei Software-as-a-Service oder kurz SaaS-Modellen sind die Preise in aller Regel – mit Abstufungen nach Leistungsumfang – standardisiert und offen kommuniziert. Eine Erhöhung der Preise sollte zunächst gegenüber NeukundInnen erfolgen. Bei breiterer geographischer Aufstellung des Unternehmens können auch Testmärkte identifiziert werden. Die Auswirkungen der Preiserhöhungen auf die Conversion Rates sind der bestimmende Faktor, ob die Erhöhung zu hoch (oder gar zu niedrig) ausgefallen ist. Bei einer Preisanpassung gegenüber der BestandskundInnen ist diesen ein Sonderkündigungsrecht einzuräumen. Entsprechend sollten die Erkenntnisse aus dem Neukundengeschäft genau analysiert werden und in die Preisüberlegungen einfließen.
Fazit
Die Erfahrung zeigt, dass KundInnen in der Regel sehr wohl bereit sind einen fairen Preis für ein gutes Produkt zu bezahlen. Und UnternehmerInnen sollten sich nicht scheuen, die eigene Leistung auch entsprechend zu bepreisen. Generell gilt: je wichtiger die Software für den Geschäftsbetrieb ist, desto geringer werden die Abwanderungsraten auch bei größeren Preiserhöhungen ausfallen.